Permakultur Prinzipien

Drei Prinzipienset

"Beginnend mit den beiden Begründern von Permakultur, Bill Mollison und David Holmg-
ren, haben seitdem immer wieder Permakultur-Lehrende und -praktiker verschiedenene
»Prinzipiensets« zusammengefasst und geprägt. Dadurch finden sich an zahlreichen Stel-
len unterschiedlichste Permaculture Principles, mit teils erheblich abweichenden Schwer-
punktlegungen. Darin spiegeln sich auch die vielfältigen Anwendungs- und Interpretati-
onsmöglichkeiten von Permakultur wider.
Zur Einfachheit und Übersichtlichkeit folgen hier diejenigen drei Sets von Permakul-
tur-Prinzipien, die in Kursen der Permakultur Akademie unterrichtet werden. Andere,
ebenfalls häufig zitierte Sets stammen beispielsweise von Rosemary Morrow und Patrick
Whitefield - diese und viele mehr sind in der entsprechenden Literatur nachzulesen und
durchaus einen Blick wert.

Mollison’sche Permakultur Prinzipien Übersetzung: Sandra Campe

Zu den Permakultur-Prinzipien von Bill Mollison kursieren verschiedene Varianten, Zu-
sammenfassungen, Neusortierungen oder Deutungen. Um den Interpretationsspielraum
gering zu halten, haben wir uns entschieden, hier die von Mollison selbst erstellte Zusam-
menfassung der »Mollisonian Permaculture Principles« (sowie anderer Einzelpunkte, die er
als principles benennt) so originalgetreu wie möglich abzubilden.
Für weitere Hintergründe und das komplette Verständnis seines Designkonzepts emp-
fehlen wir die Lektüre seines Grundlagenwerks »Permaculture – A Designers’ Manual« (dt.
»Handbuch der Permakultur«), und hierin das Kapitel 2: »Concepts and Themes in Design«
(dt. »Gedanken und Themen für die Gestaltung«), in welchem diese und weitere Prinzipien
im Detail erläutert sind.


Mollisonian Permaculture Principles
1. Arbeite mit der Natur, anstatt gegen die natürlichen Elemente, Kräfte, Spannungen,
Prozesse, Mächte und Entwicklungen, so dass wir natürliche Entwicklungen eher unter-
stützen denn hemmen.


2. Das Problem ist die Lösung; alles arbeitet in beide Richtungen. Es kommt nur darauf an,
wie wir die Dinge betrachten, was sie vorteilhaft macht oder auch nicht (wenn der Wind
kalt weht, dann sollten wir seine Stärke und Kühle zum Vorteil nutzen). Eine logische
Folge dieses Prinzips ist, dass alles eine positive Resource ist; es ist an uns, rauszufinden
wie wir sie auf diese Weise nutzen können.


3. Mache die geringste Veränderung für den größtmöglichen Effekt.


4. Der Ertrag eines Systems ist theoretisch unbegrenzt. Die einzige Begrenzung der mögli-
chen Anwendungen einer Ressource in einem System liegt in begrenzten Informationen
und begrenztem Vorstellungsvermögen des Designers.


5. Alles gärtnert, oder hat einen Effekt auf seine Umgebung.
Prinzip der Unordnung
Jedes System und jeder Organismus kann nur die Menge einer Resouce aufnehmen, die
produktiv genutzt werden kann. Jeder Eintrag von Ressourcen jenseits dieses Punkts
bringt das System oder den Organismus in chronische Unordnung; Überversorgung mit
einer Ressource ist eine Form von Verschmutzung.

 

Prinzip der zyklischen Möglichkeiten
Jeder Kreislauf erhöht die Ertragsmöglichkeiten. Kreisläufe zu mehren bedeutet Ertrag zu
steigern.


Prinzip der Unordnung
Ordnung und Harmonie produzieren Energie für andere Nutzen. Unordnung verbraucht
Energie ohne sinnvollen Nutzen.
Ordnung, Sauberkeit, Einheitlichkeit, Gradlinigkeit stellen eine energieaufwändig erhalte-
ne Form der Unordnung natürlicher System dar.


Prinzip von Stress und Harmonie
Stress kann entweder definiert werden als das Verhindern von natürlichen Abläufen oder
das Ezwingen von Funktionsweisen; und (im Gegensatz dazu) Harmonie als das Zulassen
von gewählten und natürlichen Abläufen und die Erfüllung lebenswichtiger Bedürfnisse.


Prinzip der Stabilität
Es ist nicht die Anzahl vieler verschiedener Dinge in einem Design, die zu Stabilität führen,
sondern die Anzahl unterstützender Verbindungen zwischen diesen Einzelteilen

Information als Ressource
Information ist die kritische potenzielle Ressource. Sie wird erst dann eine Ressource,
wenn sie eingeholt und entsprechend gehandelt wird.

Gestaltungsprinzipien von David HolmgrenÜbersetzung: Stefa Roth / Judit Bartel


1. Beobachte und interagiere
Dieses Prinzip lädt uns ein, uns Ruhe und Zeit zu nehmen, um mit all unseren Sinnen zu
beobachten, was da ist - zunächst ohne Interpretation. Dabei erkennen wir Muster wieder
und lernen Details und Eigenheiten schätzen. Wir üben uns darin, achtsam und kreativ
mit unserer Umgebung in Kontakt zu sein und sind uns bewusst, dass wir nicht alles ver-
stehen oder kontrollieren können.
Die Interaktion mit unserer Umgebung zeigt uns neue und dynamische Aspekte und ist
ein Spiegel, der uns unsere unhinterfragten Überzeugungen und daraus resultierende
Verhaltensweisen bewusst machen kann. Angemessenes Design resultiert nicht nur aus
rationalem, analytischem Denken, sondern bedarf auch der Nutzung unserer intuitiven
und integrativen Fähigkeiten.


2. Sammle und speichere Energie
Energie wandert durch unser natürliches System, die Erde, und wird in verschiedenen For-
men gespeichert: in Wasser, in Bäumen, in Pflanzen, im Boden, in Samen und so weiter.
Wir können dazu beitragen, dass sich die natürlichen Ressourcen wieder aufbauen, wir
können achtsam mit erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Energie umgehen.
Wir brauchen ein neues, bzw. altes Verständnis von dem, was Kapital wirklich bedeutet
(es ist nicht das, was wir auf der Bank haben, sondern es sind die natürlichen Ressourcen,
die uns umgeben; ebenso Wissen, Fähigkeiten, Kulturtechniken).


3. Erziele eine Ernte
Die Versorgung der Menschen und die Absicherung ihrer Grundbedürfnisse ist erklärtes Ziel
der Permakultur. Daher geht es darum, in jeder Phase der Entwurfsumsetzung auf die Si-
cherung von Erträgen zu achten, seien es finanzielle Einkünfte, Nahrungsmittel oder andere
subsistenzsichernde Werte. Neben dem ökonomischen Verständnis von Erträgen und der
Sicherung der eigenen Subsistenz geht es hier aber auch darum, Erträge für die Gesamtheit
des Systems zu fördern, wie z.B. Laub als Biomasse-Eintrag für die Verbesserung der Boden-
fruchtbarkeit.
4. Nutze Selbstregulation und akzeptiere Feedback
Ein gutes Design sollte Selbstregulation des Systems ermöglichen. Das System sollte mög-
lichst wenig Pflege benötigen.
Der Permakultur geht es darum, Individuen, Lebensgemeinschaften und lokale Kommunen
zu mehr Autonomie und Selbstregulation zu befähigen. Je mehr wir von unseren eigenen
und lokalen Ressourcen abhängig sind, desto eher nehmen wir Feedback wahr, erkennen
Probleme und können flexibel reagieren.


5. Nutze und schätze erneuerbare Energien und Dienstleistungen
Erneuerbare Energien sind die Energien, die innerhalb einer angemessenen Zeitspanne
durch natürliche Prozesse erneuert oder ersetzt werden.
Erneuerbare Dienstleistungen (oder auch passive Funktionen) sind Services, die wir von
Pflanzen, Tieren, lebendigem Boden oder Wasser bekommen, ohne dass sie konsumiert
werden. Wir können darauf achten, erneuerbare Energien möglichst effizient und innerhalb
des erneuerbaren Limits zu nutzen.


6. Produziere keinen Abfall
Bill Mollison definiert jedes Produkt eines Elementes in einem System, das nicht produktiv
von einer anderen Komponente des Systems genutzt wird, als Abfall/ Verschmutzung. In na-
türlichen Ökosystemen gibt es keinen Abfall. Das Konzept ›Abfall‹ spiegelt im Wesentlichen
ein schlechtes Design wieder. Wir müssen lernen, wieder zyklisch anstatt linear zu denken.
Die ›5Rs‹ geben uns eine Richtlinie, wie wir das Problem ›Abfall‹ angehen können: »refuse,
reduce, reuse, repair and recycle«, und zwar vorzugsweise genau in dieser Reihenfolge.


7. Entwirf vom Muster hin zum Detail
Funktionierende komplexe Systeme tendieren dazu, sich aus funktionierenden einfachen
Systemen zu entwickeln. Ein angemessenes Design für eben diese zu finden, ist demnach
wichtiger, als alle einzelnen Elemente des Systems bis ins kleinste Detail zu verstehen.
Wenn wir unser Handeln und unsere Arbeit in einen größeren Kontext stellen (regionale
Ökonomie, Muster der natürlichen Ressourcen wie z.B. Wasser, etc.), werden wir uns be-
wusst, dass wir in Systeme eingebunden sind und verstehen die Wirkung und Auswirkungen
unseres Daseins besser.


8. Integriere eher, als zu trennen
In der Natur - angefangen vom Innenleben kleinster Organismen bis hin zu ganzen Ökosys-
temen - sind die Verbindungen zwischen den Elementen genauso wichtig wie die Elemente
selbst.
In einer Welt, in der wir weniger Ressourcen und Energie zur Verfügung haben, ist es
wichtig, zwischen den einzelnen Akteuren lokaler Kommunen qualitative Beziehungen und
Kooperation aufzubauen.
Wenn Menschen versuchen, in einem Bereich einer nachhaltigen Alternative voranzukom-
men, wird der potentielle Wert ihrer Arbeit häufig dadurch geschmälert, dass sie nicht mit
dem ‚Mainstream’ kommunizieren und keine Wege suchen, Vorhandenes zu integrieren.
Eine einbeziehende Herangehensweise ist essentiell, wenn wir eine kraftvolle Alternative
kreieren wollen. Der Weg liegt eher in integrierten, holistischen Ansätzen als in fortschrei-
tender Spezialisierung und Abschottung.


9. Nutze kleine und langsame Lösungen
Systeme sollten so angelegt werden, dass Funktionen auf dem kleinsten Level ausgeübt
werden, das praktisch und energetisch Sinn macht.
Vermindern wir Geschwindigkeit und Mobilität, erhöht sich die Energie, die dem System
direkt zur Verfügung steht, und damit erhöht sich seine Autarkie und Anpassungsfähigkeit.
Systeme, die ohne hohen Energie- und Technologieaufwand gut funktionieren, sind häu-
fig: Klein, einfach anzuwenden und instand zu halten, eher arbeitsintensiv als kapital- und
energieintensiv, verwenden lokale Ressourcen und unterstützen die lokale Ökonomie.


10. Nutze und schätze Vielfalt
Die Rolle und der Wert von Vielfalt in der Natur, in Kultur und in Permakultur sind kom-
plex, dynamisch und manchmal anscheinend widersprüchlich. Vielfalt ist ein Ergebnis aus
dem Gleichgewicht und der Spannung in der Natur zwischen der Artenvielfalt und deren
Möglichkeiten auf der einen Seite sowie der Produktivität und Stärke eines Systems auf
der anderen.
Bill Mollison betont, dass eher die Anzahl nützlicher Verbindungen zwischen den einzel-
nen Arten zur Stabilität eines Systems beiträgt, als die bloße Anzahl der Arten. Monokul-
turen sind sehr instabil und anfällig für Krankheiten, vielfältige Systeme haben eine viel
größere Belastbarkeit und Anpassungsfähigkeit.
Für unsere Kommunen und Städte bedeutet das in einer Zeit geringer werdender Energie-
ressourcen: Vielfalt kleiner Unternehmen, lokale Währung, lokale Nahrungsversorgung,
lokale Energieversorgung, etc.


11. Nutze Randzonen und schätze das Marginale
Da wo zwei Ökosysteme aufeinander treffen und ineinander übergehen, entsteht mehr
Leben, Vielfalt und Produktivität als in den einzelnen Ökosystemen selbst, es ist eine inter-
essante Schnittstelle mit hohem Potential.
Wir können Randzonen, wie zum Beispiel den Waldrand als Übergang zwischen Wald und
Wiese, schätzen, akzeptieren und fördern.
Kulturell gesehen kommen viele innovative Neuerungen gerade von Menschen außerhalb
des Mainstreams.

12. Nutze Veränderung und antworte auf sie mit Einfallsreichtum
In der Permakultur geht es um Beständigkeit in lebendigen Systemen, die paradoxerweise
sehr von Flexibilität und Wandel abhängt. Natürliche Systeme sind konstant in Bewegung,
in Entwicklung, im Wachsen, in der Veränderung.
Wir können viel lernen, wenn wir die Muster natürlicher Systeme erforschen und verste-
hen, was das für Systeme bedeutet, die von Menschen entworfen und in Stand gehalten
werden.
Die Veränderungen um uns herum zu beobachten und offen für Neues zu sein, wird uns
helfen, den Austritt aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen positiv zu gestalten.

Ökosystemkriterien -Lutz Wendeler, Volker Kranz

Diese ökologischen Grundmuster könnten auch als Charaktermerkmale eines sich selbst or-
ganisierenden Systems bezeichnet werden. Diese Merkmale finden sich bei allen bekann-
ten ökologischen Systemen, wenn man die Frage stellt: Welches sind die Muster, d.h. die
Strukturähnlichkeiten, die diesen Systemen zugrunde liegen?


- Kooperation: Jede Form von Symbiose, z.B. zwischen Pilzen und Bäumen.
- Begrenzung: Ein Ökosystem hört dort auf, wo ein anderes beginnt. So versuchen z.B.
Gräser durch Wurzelausscheidungen das Wachstum der sie bedrohenden Bäume zu
begrenzen.
- Flexibilität: Man kann sie betrachten als das ungebundene Potential der Veränderung.
Durch einen eingeplanten Puffer kann das System auf nicht vorhersehbare Anforde-
rungen reagieren, ohne in Stress zu geraten. In einer Geländeplanung wird z.B. ein Teil
des Geländes freigehalten für spätere Ideen, die zum Zeitpunkt des Designs noch nicht
absehbar sind.
- Vielfalt: Gemeint ist z.B. die Vielfalt der Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen
eines Systems, die sich z.B. in einer Mischkultur einstellt.
- Rückkoppelung (neg./pos) = Feedback: Die Rückkoppelung ist das regelnde Element
eines Systems (s.a. Biokybernetik). Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Räuber-Beu-
te-Verhältnis zweier Populationen.
- Durchlässigkeit: Eine Tierpopulation ist beispielsweise nicht nach außen abgeschottet,
sondern in Grenzen offen für das Einwandern anderer Tiere. Der Randzoneneffekt in
der Ökologie basiert ebenfalls auf dem Merkmal der Durchlässigkeit.
-  Eigendynamik: Jedes System hat gemäß seiner inneren Logik ein dynamisches Entfal-
tungspotential. Wir Menschen überblicken diese Dynamik oft nicht hinreichend und
bemerken sie erst, wenn es zu Krisenerscheinungen kommt.
- Vernetzung: Der Blickpunkt liegt primär nicht auf den einzelnen Bestandteilen eines
Systems, sondern auf den Beziehungen, die sie untereinander eingehen.
-  Wechselwirkung: Hier wird betrachtet wie die Bestandteile eines Systems sich durch ihre
Vernetzung und ihren Informationsaustausch gegenseitig beeinflussen und verändern.
Die Grundmuster von Ökosystemen sind sinnvoll, um ein Gespür für die Funktionswei-
se von Systemen zu bekommen. Als reine Planungsgrundlage sind sie nur beschränkt
einsetzbar, da sie für viele Menschen intellektuell recht sperrig sind. Es lassen sich jedoch
konkrete Planungskriterien und Planungsmethoden für ein sinnvolles PK-Design daraus
ableiten."

 

Aus dem Methodensammluns-Skript zum Basisjahr 2016

Autoren: Judit Bartel, Nesrin Caglak, Sandra Campe, Monika Franke, Jonas Campe, Johanna Häger, Sebastian Kaiser, Ulrike Meißner, Ulrike Oemisch, Harald Wedig.